Abe war in Japan zwar geehrt, doch durchaus umstritten, so wie in seinem politischen Fahrwasser beispielsweise die verpulverten Millionen für das Tokyolympics-Spektakel (https://t1p.de/3z6y). Schwierig werdende Zeiten lassen die Leute misstrauischer werden, auch in Hinblick auf internationale Verwicklungen. Eben erst unter dem neuen Premier avisierte Besucher wie Klaus Schwab oder Olaf Scholz haben hier in Japan jedenfalls mit wenig Sympathie rechnen können (https://t1p.de/qajo0 … https://t1p.de/hcvsa).
Viele Japaner umtreibt steigender Unmut mit Abes regierender Fraktion und den aufkommenden ökonomischen und politischen Schwierigkeiten. Eben erst fiel Abe also offenbar einer unerhörten Bluttat zum Opfer, bei der nebenbei die Security eine sehr schlechte Figur machte – sicherlich, wie sich aus den Aufnahmen rekonstruieren lässt, weil sie alle von ihren Masken behindert waren, die weniger Krankheitserreger für diese durchweg robusten&gesunden Kerle fernhalten, umso mehr aber ihre Träger in Sicht, Atmung und damit auch Reaktionszeit einschränken – dass auch der zu spät festgesetzte Schütze seine 08/15 Maske die ganze Zeit über aufbehielt, unterstreicht wieder nur, das sich im Zuge einer aus dem Westen importierten Corona-Panik hier nur ein gewisser Maskenfetischismus verstärkt Bahn bricht. Gut, nur wenig rechnet man in Japan mit einem Schusswaffenanschlag auf Politiker, denn es ist hier für Privatpersonen quasi unmöglich, an Schießeisen zu kommen. Abe selbst war vom ersten Abschussgeräusch augenscheinlich so überrascht, dass er nicht einmal versuchte, sich in Sicherheit zu bringen.
Während ihm schon zu Lebzeiten in Japan diverse Ehrungen zuteilgeworden sind, versuchen nun einige deutsche Medienschaffende mit simplen Schubladen von rechts&links diesen Politiker ihren Denkschablonen zuzuordnen (einfacher formuliert: zu verleumden) und das endet nicht einmal an einem solchen Tag der Trauer. In vielen deutschen Medien war Abe nicht gut gelitten und er wurde gleich nach dieser Mordtat in den ersten Kommentaren deutscher Medienschaffender (wieder) als „rechtskonservativ“ (TAZ) charakterisiert beziehungsweise stigmatisiert: „Unter ihm rückte Japan nach Meinung von Kritikern deutlich nach rechts.“ (SZ). Wenn deutsche Medien über Japan und seine Politiker berichten, dann klingt das manchmal so wie japanische Urlauber vom Oktoberfest erzählen – bunt, unscharf, dreckig.
Nun ist Japan von Deutschland nicht nur kulturell sowie geografisch weit entfernt, sondern spielt auch politisch auf anderer Ebene (selbst wenn ihre Repräsentanten sich auf G7 oder anderen Treffen austauschen). Warum akzeptieren deutsche Journalisten/Kommentatoren nicht einfach eine spezifisch japanische Sicht der Dinge und deren politisches Vorgehen so wie es ist? Zeigt sich denn vergleichsweise im Lichte der Realität und eines drohenden Debakels von DE und E.U. auf den Gebieten Energiepolitik, Immigration, Bildung, Euroschulden oder Russlandpolitik ein Erfolg politischer Ansichten und Vorgehensweisen für DE oder EU?
Die politische Einteilung in ‚rechts&links’ im Sinne deutscher Politkommentatoren ergibt für Japan ebenso wenig Sinn wie Überlegungen des Feminismus‘ (https://t1p.de/thy4c). Japan ist nicht nur kulturell einzigartig und besitzt eine vergleichsweise an der Weltspitze stehende Bildungskultur und selbstverständlich zeigt dieses Land ganz andere als deutsche Sicht- und Vorgehensweisen beispielsweise in Bezug auf ihren Anteil an Kriegsschuld. Das haben sie aber nicht nur gemein mit anderen Ländern weltweit, sondern spezifisch auch mit direkten Nachbarn wie China, Russland, (Nord)Korea, mit denen sie hier politisch agieren müssen. Auch sind Japanern ihre kulturellen und zivilisatorischen Errungenschaften wichtig und schützenswert und sie würden wohl kaum ihren Inselstaat so willkürlich für (in manchen Jahren) hunderttausende Zuwanderer mit teils zweifelhafter Identität und Motivation öffnen oder ihre Energieversorgung so radikal demolieren und verteuern, wie das die Deutschen demonstrieren (worin sich übrigens nicht nur asiatische Staaten, sondern nahezu auch die überwiegende Mehrzahl aller Länder dieser Welt von Deutschland stark unterscheiden).
Sicherlich leben hier eine Menge traditionsbewusste Leute und viele wollen einfach in Ruhe gelassen werden bei der Bewältigung und dem Genuss ihres Lebens in einem der faszinierendsten, doch auch schwierigsten Länder dieser Welt. Was sollte daran aber falsch sein? Ich selbst bin unter meinem Namen ホーニクさん Geehrter Herr Hoenig bislang mit meiner jeweiligen Nachbarschaft in Japan recht gut ausgekommen; in Behörden, Hotels und allgemein als Kunde irgendwo ホーニクさま Ehrenwerter Herr Hoenig – バーントさん für Freunde; für diejenigen, die meinen Namen nicht kennen, als Gaijinsan 外さん Geehrter Herr Nichtjapaner, was sich für jeden hier in dieser Gegend, wo kaum Auswärtige leben, auch sichtbar in meiner fremden Physiognomie zeigt; Gaijin wörtlich: jmd, der von außen hereinkommt und das bin ich ja hier tatsächlich … 😉
Weder behellige noch missioniere ich jemanden und schon gar nicht gehe ich den Japanern moralisierend auf den Zeiger; ich liege keinem auf der Tasche und im Lichte der Entwicklungen der letzten Jahre kann ich es nachvollziehen, wenn Japaner keine so starke Zuwanderung von Afrika bis Mittelasien akzeptieren, wie das deutsche Politiker ihrem Land abverlangen – das jetzt wiederum mit den Widersprüchen von mehr als 1 1/2 Millionen offener Stellen auf dem Arbeitsmarkt, einer vergleichsweise so großen Anzahl von Arbeitslosen bei gleichzeitig aufgeblähtem Sozialbudget in vorher nie gesehener Höhe konfrontiert ist. Verstehen kann ich hieraus entstehende Frustration im Lichte früherer Erlebnisse in meinem Berliner Kiez, nicht weit von Oberbaumbrücke/Warschauer Straße, wo seit 2015 nicht etwa nur gepeinigte Flüchtlinge aus Kriegsgebieten erschienen, sondern auch jede Menge Abenteurer, Glücksritter und kriminelle Übeltäter. Abe und mit ihm die übergroße Mehrheit der Japaner hätte niemals einem Ansinnen seine Zustimmung gegeben, so gewaltige Zuwanderung aus Afrika und Vorder- bis Mittelasien zuzulassen, wie es deutsche Politiker tun. Verglichen mit anderen Industrienationen oder benachbarten asiatischen Ländern gibt es übrigens eine relativ starke Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte hierher und das auch angesichts der Tatsache, dass Arbeitslosen- oder gar Sozialhilfe zu erhalten hier in Japan äußerst schwierig und selten ist.
In Japan ist Abe seit langer Zeit eine der angesehensten politischen Persönlichkeiten – aus einer alten und wohlhabenden Politkerdynastie stammend, verbunden mit elitären Kreisen, die ihre Wurzeln in alten Epochen noch vor der Zeit der Meijireform sehen und umstritten, gar suspekt, ja durchaus – doch eben hoch respektiert und, im Vergleich zu anderen Premiers, herausragend viele Jahre auch von der Mehrheit der Abstimmenden erkoren, wobei die Zahl der Wähler in JP auf sehr niedrigem Niveau seit vielen Jahren verharrt und gerade junge Menschen wenig zur Wahl gehen. Im Lichte dieses schlimmen Anschlags werden nun höhere Wahlbeteiligung und Erfolg für Abes politische Gruppierung erwartet und vielleicht auch wichtige Weichenstellungen für die Zukunft im Sinne von Abes politischen Plänen, wie z.B. die Revision des pazifistischen Artikels 9 in der japanischen Verfassung – wir werden sehen.
Wie ist japanische Realität im Angesicht deutscher Projektionen von ‚links&rechts‘ nun zu begreifen? Werden auf der anderen Seite beispielsweise Politiker wie Merkel (CDU), Bartsch (Linke), Lawrow oder Putin (Einiges Russland?) von jenen Journalisten/Kommentatoren als Linke bezeichnet, weil sie in der Sowjetunion studierten und in sozialistischen/kommunistischen Organisationen wirkten? Was bedeutet wohl Links (ursprünglich einfach eine parlamentarische Sitzanordnung vom Präsidium aus gesehen) in deren Geiste? Steckt dahinter etwa der überaus anmaßende Gedanke, dass sich der Rest der Welt ihren Ansichten anschließen sollte? Woher stammt solche Borniertheit in der deutschen Medienlandschaft? Liegt es daran, dass deutsche Journalisten kaum noch fähig oder gewillt sind, zu berichten was ist und lieber so kommentieren, wie es ihrer Ansicht nach sein sollte? Offensichtlich versteht und äußert sich nun deutscher Journalismus nach eigenem Dafürhalten mehrheitlich Links (https://t1p.de/gm065) – was das für (dumme) Konsequenzen haben kann, lässt sich aus obigen Medienzitaten ablesen. Traurig ist das und ich bin recht froh, solch kulturellem Niedergang nicht mehr direkt als Bürger beiwohnen zu müssen, wenn es auch schmerzt, diese Dekadenz zu beobachten …
Abe wenigstens, möge er seinen Frieden gefunden haben …-