“We have lost our symbol.” (Mikiko Shiroma, Mayor Naha/Okinawa)
Diese Reportage erscheint leider zu einem traurigen Zeitpunkt: vor gut zwei Monaten besuchten wir auf einer Reise nach Taiwan und Korea auch Japans Süden und Okinawa, und werden das Weltkulturerbe Shuri sicherlich nie wieder so erleben. Das besondere Kennzeichen Okinawas und seiner feudalistischen Vergangenheit ist diese prächtige Burg-Palastanlage Shuri gewesen, deren wichtigste und schönste Häuser nun fast komplett dem Feuer zum Opfer fielen – von den Palast-Bauten, die unten im Foto im Hintergrunde zu sehen sind, existieren so gut wie keine mehr. Die abgebrannten Gebäude waren allerdings ohnehin schon Kopien historischer Kopien. Errichtet worden war diese Burg einst vom Chūzan-Herrscher, der von den Chinesen den Titelnamen Shō Hashi 尚巴志 bekam. Okinawa geriet relativ spät unter japanischen Einfluss, wurde aber schon vom Tokugawa-Shogunat im 17. Jahrhundert während der Herrschaftsepoche des Königreiches Ryūkyū auf Okinawa kontrolliert und wurde später in der Meiji-Periode als Präfektur Okinawa Japan eingegliedert. Diese Inselwelt ist viel näher an Taiwan und China im Ostchinesischen Meer gelegen und trägt somit eher deren kulturelle Traditionen; chinesische, malaiische und andere Einflüsse sind in lokaler Kleidung und Riten deutlich erkennbar.
Übrigens sind in der japanischen TV-Talente- und Idole-Welt verhältnismäßig viele Mädel aus dem Süden (Okinawa) wie auch aus dem Norden (Hokkaido) beliebt, da sie für japanischen Geschmack quasi als exotisch besonders schön gelten, wenn sie gewisse Züge tragen, die traditionell Ryukyu und Jomon (zusätzlich auch Yayoi-Kultur und Ainu) zugeschrieben werden, welche die japanischen Inseln vor den großen Besiedlungswellen vom asiatischen Festland lange Zeit allein bewohnten (so eine Theorie). Diese Exoten-Neugier ist übrigens nicht so verwunderlich – besonders, wenn sich ein Insel-Volk einst nach außen so abschloss, wie Japan zur Edo-Periode – das kenn ich nicht nur aus Europa, sondern auch von hier aus eigener Erfahrung, wenn mich als „Whitey“ (so werden hier in Japan die hellhäutigen angelsächsisch, slawisch oder germanisch ausschauenden Leute genannt, die es in ganz Japan selten und in ländlichen Gegenden fast gar nicht gibt) im Onsen neugierige Blicke streifen.
In der Moderne Japans ist das Leben auf Okinawa zwar O.K. – Fahrradfahren ist des Klimas wegen eine Herausforderung, doch sonst so angenehm wie im Rest Japans – aber nicht sehr erstrebenswert. Das Wichtigste spielt sich in und um Naha 那覇市 ab, dem langjährigen Verwaltungssitz der Insel mit Universitäten und Flugplatz. Es gibt für den japanischen Geschmack auf Okinawa nichts Besonderes, was sie nicht auf Honshu schöner hätten. Diese tropische Süd-Insel verschlingt oder gar verschleudert nach Meinung vieler Japaner einen zu großen Haufen Geld, unter anderem auch zur Finanzierung der amerikanischen Militärpräsenz, die allerdings wegen Chinas Nähe als strategisch notwendig erachtet wird. Die Existenz auf Okinawa ist ziemlich teuer, da vieles, was die Japaner mögen, angeschifft oder eingeflogen werden muss. Wegen der paar Surfer, (da gibt es auf der nördlicheren Pazifikseite Japans bessere Gelegenheiten) oder Strandfreunde (zur Okinawa-Präfektur gehören mehr als 160 Inseln, doch nur fast 50 davon bewohnt) macht niemand großes Aufhebens. Das Essen ist nicht so toll, es gibt zwar Fischfang, doch kaum Industrie und qualifizierte Arbeit, nur eben den Tourismus, der auch durch rekonstruierte Bauten wie Burg Shuri funktionierte. Und damit wird es nun leider erst mal wieder vorbei sein. Die Leute äußern verstärkt ihren Unmut darüber, dass in ihrem Kompetenzgerangel zwischen den Autoritäten von Tokyo bis Okinawa trotz milliardenschwerer Rekonstruktionen es wohl niemand für nötig erachtete, wenigstens Sprinkleranlagen in den gefährdeten Holzbauten auf Burg Shuri zu verlegen, mit denen vielleicht das Schlimmste hätte verhindert werden können.
https://www.japantimes.co.jp/news/2019/10/31/national/shuri-castle-fire/#.Xb5Ml9XgrIU











